Lehrende: Prof. Dr. Patrick Primavesi
Veranstaltungsart: Vorlesung
Orga-Einheit: 03-Theaterwissenschaft
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Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Was die Gruppe Rimini Protokoll seit über 20 Jahren geprägt und international bekannt gemacht hat, sind die Arbeit mit nichtprofessionellen Akteur:innen als „Experten des Alltags“, eine auf präzisen Recherchen basierende Bearbeitung gesellschaftlich relevanter Themen sowie die Konstruktion intermedialer Versuchsanordnungen in Bühnenhäusern oder an anderen Orten, wo den Zuschauenden oder Teilnehmenden neue Perspektiven auf diverse Bereiche des alltäglichen Lebens und Arbeitens eröffnet werden. Dabei experimentiert Rimini Protokoll immer wieder mit der Überlagerung paralleler Wirklichkeiten, deren Inkongruenz und Fremdheit intensiv zu erfahren sind. Auf vielfältigen Audiotouren bewegen sich die Teilnehmenden mit Kopfhörern und Abspielgeräten durch die Stadt und zugleich durch ein Theater im eigenen Kopf. Bei „Call Cutta“ (2005) konnten sie sich per Telefon von einem Call Center im indischen Kolkata über das Gelände des ehemaligen Anhalter Bahnhofs in Berlin leiten lassen. Bei „Cargo Sofia“ (2006) erfuhren sie in einem halb transparenten LKW als rollendes Publikum die Realität des Güterverkehrs direkt auf der Straße. Und bei „50 Aktenkilometer. Ein begehbares Stasi-Hörspiel“ (2011) lauschten sie in Berlin mit GPS-Ortung einer Vielzahl von historischen (Ton-)Dokumenten, während sie damit verknüpfte Orte passierten. So werden die Teilnehmenden dieser Projekte oft selbst zu denjenigen, welche die Experimente durchführen. Außerdem hat die aus Stefan Kaegi, Helgard Haug und Daniel Wetzel bestehende Gruppe immer wieder Bühnenereignisse geschaffen, die durch mediale Technologien die heutige Praxis dokumentarischer Theaterformen geprägt haben, z.B. in „Breaking News“ (2008), „Situation Rooms“ (2014), „Uncanny Valley“ (2018) oder „Dies ist keine Botschaft“ (2024). Die Vorlesung gibt – fakultativ begleitend zum Szenischen Projekt mit Stefan Kaegi und zum Kongress der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (gtw) in Leipzig vom 12. bis 15. Juni – einen Überblick zur transmedialen Arbeitsweise von Rimini Protokoll und vermittelt auch einige praktische Erfahrungen, u.a. mit der Aufführung „Société Anonyme“ an der Residenz des Schauspiel Leipzig (Premiere 23.04.2024).