Lehrende: Jun.-Prof. Dr. Ingo Rekatzky
Veranstaltungsart: Vorlesung
Orga-Einheit: 03-Theaterwissenschaft
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Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Der Schauspieler Fabian Hinrichs erregte beim Berliner Theatertreffen anlässlich der Verleihung des Alfred-Kerr-Darstellerpreises einen Eklat: Angesichts der gegenwärtigen Theaterpraxis sei es ihm schwer gefallen, innerhalb einer breiten Masse an reproduzierenden „Dar-Stellern“, „Dar-Gehern“ oder gar „Dar-Stehern“ eine/n würdige/n Preisträger:in zu finden. Souveräne Schauspielkünstler:in-nen, so Hinrichs, wären dagegen eine weitgehend unbekannte und bedrohte Spezies, die zentrale Leitfrage für seine eigene Profession im 21. Jahrhundert laute deshalb: „Bist du Künstler oder arbeitest du im Service?“ Hinrichs Rede, mit der er den Status von Schauspieler:innen als reproduzierenden Darsteller:in-nen hinterfragte, erregte lautstarken Widerspruch. Tatsächlich verweist die Frage, ob Akteur:innen als souveräne oder reproduzierende Künstler:innen zu betrachten sind, innerhalb der europäischen Kulturgeschichte auf eine Langzeitauseinandersetzung um die Modifizierung, Professionalisierung und Legitimation schauspielerischer Praktiken – und ist selbst wiederum eng mit der wechselvollen Geschichte anthropologischer Aushandlungsprozesse verbunden. Ausgehend von gegenwärtigen Befunden eröffnet die Vorlesung aus historisch-anthropologischer Perspektive Zugänge zu kulturel¬len Konstellationen, in denen die Frage nach dem Schauspielerischen aufgeworfen und ausgehandelt wird. Der Fokus richtet sich dabei – mit Rekurs auf Antike, Mittelalter und Moderne – vor allem auf theaterhistorische „Weichenstellungen“ in der Frühen Neuzeit vom Renaissance-Humanismus bis zu den bürgerlichen Reformen des 18. Jahrhunderts. Aus Perspektive einer theaterbezogenen histori-schen Anthropologie werden so gegenwärtige Definitionen des Darstellens bzw. des Schauspielens, aber auch des Menschseins betrachtet und kritisch hinterfragt. Begleitend zur Vorlesung wird ein Tutorium angeboten, das der thematischen Vertiefung ebenso wie der Vermittlung von Kompetenzen des wissenschaftlichen Arbeitens dient. Studierenden in der Studieneingangsphase wird die Teilnahme am Tutorium ausdrücklich empfohlen.
Organisatorisches: Carlo Schwaiger Tutorium zur Vorlesung „Bist du Künstler oder arbeitest du im Service?“: Langzeitausein¬andersetzungen um Schauspieler:innen und historische Anthropologie Mittwoch 15–17 Uhr Großer Seminarraum, Ritterstraße 16 Beginn: 5.4.23 Begleitend zur Vorlesung dient das Tutorium der Nachbereitung sowie der Vertiefung ausgewählter Themen durch gemeinsame Lektüre. Im Tutorium werden Primär- und Sekundärtexte diskutiert und anhand konkreter Beispiele wissenschaftliche Lektürekompetenzen erarbeitet. Das Tutorium bietet zudem vertiefende Hilfestellung zum wissenschaftlichen Arbeiten. In einer Annäherung befassen wir uns mit den Methoden des wissenschaftlichen Schreibens, um diese auf theaterwissenschaftliche Arbeiten fachbezogen anzuwenden. Dabei erarbeiten wir einen methodi¬schen Werkzeugkasten, um im gemeinsamen Austausch die Hürde vor ersten wissenschaftlichen Arbeiten zu nehmen. Das Tutorium orientiert sich an den Erfahrungen und Bedürfnissen der teil¬nehmenden Studierenden und versteht sich als zwangloser Raum, der Fragen und Vorschlägen ausdrücklich offensteht.