Lehrende: Prof. Dr. Horst Junginger
Veranstaltungsart: Vorlesung
Orga-Einheit: 03-Religionswissenschaft
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Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Der Androzentrismus ist in der Religionsgeschichte omnipräsent. Seine wichtigste Funktion besteht darin, Herrschaftsordnungen, die von Männern dominiert werden, religiös abzusichern. Dass man sich Gott als Vater im Himmel vorstellt, und dass die sich auf ihn berufenden - religiösen wie weltlichen - Herrscher Männer sind, bedingt sich gegenseitig. Die religiöse Grundstruktur patriarchalen Denkens hängt eng mit Fortpflanzung und Sexualität zusammen und nicht nur in den Augen der Kirchenväter verkörpern Frauen die „Lockspeise des Satans“. Jungfräulichkeit zum Ideal zu stilisieren, lässt sich leicht als eine männliche (Un)Reinheitsfantasie erkennen, die jedoch die Pflicht zum Kindergebären als Gegenstück benötigt, um die menschliche Arterhaltung nicht zu gefährden. Erst in der Doppelung aus Jungfrau und Mutter erwächst der Frau ihre spezifische Würde (mulieris dignitatem), so Johannes Paul II. bei der Ausrufung des marianischen Jahres 1987/88. In allen konservativen Traditionen haben Fromme viele Kinder und Probleme mit nichtreproduktiver Sexualität „just for fun“. Je öfter Frauen gebären, umso länger dauert die Zeit ihrer Vulnerabilität, in der Männer bei ihren Führungsaufgaben unter sich und ohne Konkurrenz bleiben. Wegen der engen Verbindung zwischen Religion und Leben wurde die Entkriminalisierung des Sexualverhaltens zu einem Hauptkampffeld der Auseinandersetzung um die traditionelle Werte der Kern- oder Gattenfamilie. Aber auch außerhalb der Familien- und Sexualpolitik dienen ideologische Argumente dazu, egoistischen Bedürfnissen den Anschein eines allgemeinen Interesses zu geben. Vor diesem Hintergrund widmet sich die Ringvorlesung allen Ausdrucksformen religiös begründeter Androkratie. Im Unterschied zu einer theologischen Herangehensweise, die bei Gott und Religion weibliche Wesenszüge aufzudecken sucht, soll die nichtreligiöse Perspektive der Religionswissenschaft den theoretischen Rahmen der Vortragsreihe bilden.
Literatur: Christina von Braun (Hg.): Gender@Wissen: ein Handbuch, 3. Aufl., Köln 2013 Richard Faber und Horst Junginger (Hg.): Religionskritik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 1-4, Würzburg 2021-2023 Anna-Katharina Höpflinger u.a. (Hg.): Handbuch Gender und Religion, Göttingen 2008 Silke Martin u.a. (Hg.): Religion und Gender. Konzepte, Erfahrungen, Medien, Bielefeld 2023 Kornelia Sammet u.a. (Hg.): Religion und Geschlechterordnungen, Wiesbaden 2017 Barbara Schaeffer-Hegel und Brigitte Wartmann (Hg.): Mythos Frau. Projektionen und Inszenierungen im Patriarchat, Berlin 1984