Lehrende: Dr. Lyubomir Pozharliev
Veranstaltungsart: Seminar
Orga-Einheit: 03-Geschichte
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Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Die gegenwärtige Welt ist unvorstellbar ohne Autos auf den Straßen, Autobahnen, Parkplätzen, in Garagen etc. In den Wörtern von John Urry (et al., 2006): „Automobilität ist eine der prinzipiellen soziotechnischen Institutionen, durch welche die Moderne organisiert ist“. Die Automobilität ist auch ideologisch konstruiert und verkörpert Wahrnehmung und Modelle für „Freiheit, Privatbereich, Bewegung, Progress und Unabhängigkeit“. Sie ist auch noch viel mehr. Die Automobilität ist unvorstellbar ohne die Verknüpfung zwischen dem Fahrer und der Maschine, die im Auto stattfindet, ohne die Fachsprache der Straßenschilder, ohne die mehreren Schichten von Asphalt, ohne die gesetzlichen Regelungen, ohne Autounfälle und so weiter. Insgesamt wird die Automobilität in diesem Seminar als System betrachtet und genauer gesagt als Großtechnisches System (Large Technological System). Der Schwerpunkt dieser theoretischen Übung liegt auf der Bedeutung und Nutzung von Personenkraftwagen in den kommunistischen Gesellschaften im 20. Jh. Es umfasst zwei Problembereiche. Im ersten Teil werden die Begriffe für Großtechnisches System (Large Technical System – LTS), Mobilität und Automobilität und Verkehrsinfrastruktur eingeführt. Der zweite Problembereich beschäftigt sich mit der Spannung zwischen der kommunistischen Ideologie und der Verwirklichung des kommunistischen Projekts durch die Autoindustrie und den zugehörigen Großbauprojekten (Autobahn-, Tankstellen-, Versorgungsnetzwerk u.a.). In konkreten Bespielen von Ländern wie die ehemalige Sowjetunion, DDR, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien werden die stets wachsenden Paradoxe zwischen dem kommunistischen automobilen Alltag und den entwickelten Machtstrategien der Parteioberschicht sichtbar gemacht: Die Rolle von Technologie und technologischen Artefakten in den kommunistischen Gesellschaften und im Kalten Krieg; ihre ideologischen Funktionen, die Gleichheit propagiert haben und den Aufbau der Identität des „neuen sozialistischen Menschen“ (Homo Sovieticus); ihre Bedeutung für die nationale Homogenisierung, für die Absonderung von Zentrum und Peripherie.
Organisatorisches: Dr. Lyubomir Pozharliev