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Lehrende: Moritz Lampe
Veranstaltungsart:
Seminar
Orga-Einheit: 03-Kunstgeschichte
Anzeige im Stundenplan:
Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden:
2
Unterrichtssprache:
Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung:
Mit der Einführung der Fotografie kam es um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem nachhaltigen Wandel des katholischen Heiligenkults, als Abbildungen von Reliquien, Kultstätten und Heiligen erstmals als technisch-apparative Bilder verfügbar wurden. Mit Hilfe des neuen Mediums, das die Produktion und Zirkulation von Heiligenbildern beschleunigte und internationalisierte, konnte die Kirche neue Heiligenfiguren aufbauen, neue Bevölkerungsschichten erschließen und ihre kulturelle Deutungshoheit auch in Zeiten zunehmender Säkularisierung ausbauen. Dabei läßt sich eine ambivalente Bewertung der Fotografie beobachten. Einerseits schätzte man die Fotografie als ‚vera icon‘ für ihre scheinbar objektive, detailgetreue Wirklichkeitsabbildung, andererseits stand man den seriellen ‚Maschinenbildern‘ auch skeptisch gegenüber. Aus diesem Grund kam es häufig zu Re-Auratisierungen von fotografischen Porträts von Heiligen: Durch malerische Retuschen, die Anbringung von Siegeln oder die Applikation von Reliquien wurden aus den massenhaft vervielfältigten Abzügen wieder individuelle Unikate, die das religiöse Verlangen nach Unmittelbarkeit und Authentizität befriedigten. So wie sich wundertätige Altargemälde und Reliquien finden, konnte man um 1900 auch wundertätige Fotografien von Heiligen wie Bernadette Soubirous (1844–1879), Therese von Lisieux (1873–1897) oder Padre Pio (1887–1968) verehren. Im Rahmen des Seminars sollen grundlegende Kenntnisse der Fotografiegeschichte, der Porträttheorie und der katholischen Bilderverehrung in Europa mit einem Schwerpunkt auf Italien vermittelt werden. Von den Teilnehmern wird daher sowohl ein Interesse an der Übernahme von Referaten zu fototheoretischen Diskursen als auch zu konkreten Fallbeispielen erwartet, anhand derer wir die Entstehung neuer Heiligenkulte exemplarisch nachvollziehen wollen. Soweit dies die Pandemie zulässt, ist gegen Ende des Seminars der Besuch eines fotografischen Bildarchivs und/oder des Deutschen Fotomuseums in Leipzig-Markleeberg vorgesehen.
Organisatorisches:
Voraussetzungen für einen Leistungsschein: Anfertigung eines Stundenprotokolls, Übernahme eines Referats, schriftliche Ausarbeitung (Hausarbeit).
Literatur:
Peter Geimer: Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg 2017; Wolfgang Kemp: Geschichte der Fotografie: Von Daguerre bis Gursky, München 2014; Tommaso Caliò (Hg.): Santi in posa: l’influsso della fotografia sull’immaginario religioso, Rom 2019; Nina Niedermeier: Die ersten Bildnisse von Heiligen in der Frühen Neuzeit: Porträtähnlichkeit in nachtridentinischer Zeit, Regensburg 2020; Julia Bärnighausen, Costanza Caraffa, Stefanie Klemm (Hrsg.): Foto-Objekte. Forschen in archäologischen, ethnologischen und kunsthistorischen Archiven; Irmtraud Götz von Olenhusen: Wunderbare Erscheinungen: Frauen und katholische Frömmigkeit im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1995; John Francis Pollard: Catholicism in Modern Italy: Religion, Society and Politics since 1861, London 2014; Hans Belting: Das echte Bild: Bildfragen als Glaubensfragen, München 2005; David Morgan: Visual Piety. A History and Theory of Popular Religious Images, Berkeley 1998.
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