Lehrende: Maria Koch
Veranstaltungsart: Seminar
Orga-Einheit: 03-Theaterwissenschaft
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Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Seit 1970 lebt und arbeitet die Compagnie des legendären Théâtre du Soleil in der Cartoucherie de Vincennes in Paris. Über die dort erprobten Kreationsweisen berichtet Ariane Mnouchkine, Begrün-derin und langjährige Prinzipalin dieses Kollektivs, wie folgt: Um Geschichten über die gegenwärtige Welt erzählen zu können – eine Welt, die stets das Erbe der vergangenen Welten sei –, müsse man sich den Wurzeln des Theaterspielens zuwenden, sich selbst in den großen Theatertraditionen wieder¬beleben. Dabei weise der „Orient“ den Weg – als imaginärer Kontinent, Lehrmeister und Inspira¬tionsquelle für Erneuerung, die schon zuvor Theatermacher wie Meyerhold, Brecht und Artaud in ihrer Suche angeregt habe. Diesen Schaffensgrundsatz mit historisierendem und transkulturellem Blick zu durchdringen, ist Ziel des Seminars. Mnouchkine und ihre Compagnie folgen den Spuren genuiner Schauspielpraktiken, um immer wieder zu den Gesetzen der Theaterkunst vorzustoßen: zu präzisen Körpertechniken, Musikalität, einer offenen sinnlichen Beziehung zum Publikum und dem Spiel mit Maske als Basisdisziplin, die es erlaubt, unterschiedliche Schauspielstile zu vereinen. Sie schöpft aus den Methoden Jacques Lecoqs ebenso wie aus dem asiatischen Theater, dem japanischen Nô, Bunraku und Kabuki, dem indischen Kathakali und Bharatanatyam. Balinesische Masken erscheinen an der Seite der Masken der Commedia all'improvviso. Der Akteur werde alles Wichtige im „Orient“ finden, so Mnouchkine, „à la fois le mythe et la réalité“ – den Mythos und die Realität zugleich. Denn Theater sei die Kunst der Evokation und Invokation, eine Kunst der Fleischwerdung, die Tote auferstehen lässt und es ver¬mag, das Fremdeste vertraut zu machen und das Vertrauteste auf Distanz zu bringen. Mit der vielfältigen Theaterpraxis des Théâtre du Soleil setzt sich die Lehrveranstaltung anhand von herausragenden Inszenierungen, Dokumentationen und Filmen von Ariane Mnouchkine ausein-ander. Die Bereitschaft zur Sichtung des umfangreichen Filmmaterials, zuzüglich der Seminarlektüre, wird vorausgesetzt. Abschließend wird sich der Fokus auf die Kontroverse um „cultural appropria¬tion“ richten, mit der die Compagnie im Zuge einer Zusammenarbeit mit dem kanadischen Regisseur Robert Lepage im Jahr 2018 konfrontiert war.
Organisatorisches: Videosichttermin: Donnerstag, 17 Uhr