Lehrende: Prof. Dr. Dr. Tanja Zimmermann
Veranstaltungsart: Seminar
Orga-Einheit: 03-Kunstgeschichte
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Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Seit der Antike galt das Auge als Organ der (Selbst-)Erkenntnis. Der Gesichtsinn sowie das Gehör wurden privilegiert und über den Tastsinn gestellt, der in der Ästhetik mit der niederen sinnlichen Erkenntnis in Verbindung gebracht wurde. Die Macht des Visuellen über das Haptische und Taktile äußerte sich auch im künstlerischen Ausbildungssystem an Akademien, in dem die polierte Oberfläche ohne Widerstand des Materials der visuellen Bemächtigung preisgegeben werden konnte. Die Vormacht der „glatten“ Ästhetik wurde zwar bereits im Realismus und Impressionismus herausgefordert, doch erst die Avantgarden erklärten die „erschwerte Form“ mit ihrer diskontinuierlichen, gebrochenen Oberfläche für das zentrale ästhetische Prinzip des Neuen Sehens. Im Seminar wird das neue Paradigma in zwei Perioden eines radikalen Bruchs mit der traditionellen Ästhetik untersucht: dem Aufkommen der Avantgarden Anfang des 20. Jahrhunderts und der sog. Neo-Avantgarden in den 1960er Jahren. In beiden Perioden wurde das Haptische aufgewertet und eine Abkehr von der illusionistischen Ästhetik vollzogen, jedoch auf völlig unterschiedliche Weise. In der Veranstaltung werden die zentralen theoretischen Texte zur Ästhetik des Taktilen/Haptischen gelesen (Avantgarde-Theoretiker, Jean-Luc Nancy, Cosnstance Classen u.a.) sowie Kunstwerke der Avantgarde (Tatlins Reliefs und Konter-Reliefs, Lissitzkys Demonstrationsräume u.a.) und der Neo-Avantgarde (Minimal Art, Installationskunst) analysiert.
Literatur: Hanna Baader/Ulrike Müller Hofstede/Ulrike Patz/Nikola Suthor u.a. (Hg.): Im Agon der Künste. Paragonales Denken, ästhetische Praxis und die Diversität der Sinne. München 2007; Moshe Barasch: Blindness. The History of a Mental Image in Western Thought. London 2001; Matthias Bruhn/ Kai-Uwe Hemken (Hg.): Modernisierung des Sehens. Sehweisen zwischen Künsten und Medien. Bielefeld 2008; Constance Classen: The book of touch. London-Oxford 2005; Dies.: The deepest sense. The cultural history of touch. Illinois 2012; Anke Henning/Brigitte Obermeyer/Georg Witte (Hg.): fRaktur. Gestörte ästhetische Präsenz in Avantgarde und Spätavantgarde. Wien-München 2006; Martin Jay: Downcast eyes. The denigration of vision in twentieth-century French thought. Berkeley: University of California Press 1995; Robert Jütte: A history of the senses. From Antiquity to Cyber Space. Oxford 2005; Ralph Köhnen: Das optische Wissen. Mediologische Studien zu einer Geschichte des Sehens. München 2009; Mark M.Smith,: Sensing the Past: Seeing, Hearing, Smelling, Tasting and Touching in History. Berkeley 2008; Tina Zürn (Hg.): Bild, Blick, Berührung. Optische und taktile Wahrnehmung in den Künsten. Paderborn 2018.
