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Lehrende: Prof. Dr. Dr. Tanja Zimmermann
Veranstaltungsart:
Seminar
Orga-Einheit: 03-Kunstgeschichte
Anzeige im Stundenplan:
Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden:
2
Unterrichtssprache:
Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung:
In der Literatur und Kunst des Realismus rückten die Menschen am Rande der Gesellschaft wie Arme, Behinderte, Prostituierte und Angehörige fremder Kulturen zum ersten Mal ins Zentrum der künstlerischen Aufmerksamkeit. Im französischen Naturalismus (Zola; Courbet, Degas) werden sie teils als dehumanisierte, animalisierte Produkte ihres Milieus und ihrer Physis dargestellt, zugleich aber auch in ihrer Erniedrigung ins Sakrale erhoben. Die russischen Wanderkünstler (Peredvižniki) suchen in einem religiös grundierten Blick auf Die Erniedrigten und die Beleidigten, so der Titel eines Romans Dostojewskis, die kulturelle Mission ihres Landes in Europa zu erneuern. In der Veranstaltung wird der Blick auf unterschiedliche Formen der Misere (Obdachlose, Arbeitslose, Gastarbeiter, Jugendliche ohne Zukunft usw.) von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwarft in verschiedenen Medien untersucht – von der bildenden Kunst, der Fotografie (Boris Michailov, Andrej Krementschouk) bis hin zum Künstler-Video (Artur Zmijevski) und zum Film (Filme über Sinti und Roma, Jugendliche in Osteuropa). Folgende Fragen werden im Fokus stehen: Mit welchen ästhetischen Mitteln werden Elend und Misere nahegebracht? Wem wird Empathie geschenkt, wer wird als Abschaum der Gesellschaft betrachtet? Auf welche religiösen und philosophischen Traditionen stützen sich die Strategien der Stigmatisierung und der Nobilitierung der Misere? Als theoretischer Hintergrund werden Texte von Roberto Esposito (Immunitas), Judith Butler (Gefährdetes Leben) und andere Ethikkontroversen (John Rawls und Martha C. Nussbaum; Giorgio Agamben) diskutiert.
Literatur:
rich Auerbach: Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur, Bern 1994; Timothy J. Clark: Der absolute Bourgeois. Künstler und Politik in Frankreich 1848 – 1851, Reinbek bei Hamburg 1981; Ders.: Image of the People. Gustave Courbet and the 1848 Revolution, London 1982; Gabriel P. Weisberg: The Realist Tradition - French Painting and Drawing 1830-1900, Ohio 1980; Ségolène LeMen: Courbet, New York 2008; Roberto Esposito: Immunitas. Schutz und Negation des Lebens, Zürich-Berlin 2004; Judith Butler: Gefährdetes Leben. Politische Essays, Frankfurt a.M. 2005; Judith Butler: Raster des Krieges. Warum wir nicht jedes Leid beklagen, London-New York 2009; Herbert Uerlings/Nina trauth/Lukas Clemens (Hg.): Armut. Perspektiven in Kunst und Gesellschaft, Trier 2011; Ingrid Mössinger: Peredwischniki. Maler des russischen Realismus, Chemnitz 2012; Lith Bahlmann/Matthias Reichelt (Hg.): Reconsidering Roma. Aspects of Roma and Sinti. Life in Contemporary Art, Göttingen 2011; Monika Rüthers: Juden und Zigeuner im europäischen Gerichtstheater, Bielefeld 2012; Beate Ochsner/Anna Grebe (Hg.): Andere Bilder. Zur Produktion von Behinderung in der visuellen Kultur, Bielefeld 2013; Beate Ochsner: Visuelle Subversionen. Zur Inszenierung monströser Körper im Bild, Tübingen 2010; Tobin Siebers: Zerbrochene Schönheit. Essays über Kunst, Ästhetik und Behinderung, Bielefeld 2009.
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