Lehrende: Prof. Dr. Patrick Primavesi
Veranstaltungsart: Seminar
Orga-Einheit: 03-Theaterwissenschaft
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Fach:
Anrechenbar für:
Semesterwochenstunden: 2
Unterrichtssprache: Deutsch
Offizielle Kursbeschreibung: Die geläufige Feststellung, Theater findet statt als jeweils einmaliges Ereignis, zu einem spezifischen Zeitpunkt an einem jeweils besonderen Ort, verliert bei genauerer Betrachtung ihre vermeintliche Selbstverständlichkeit. Angefangen bei dem Begriff des Ereignisses, über die Fixierung eines Zeit-punktes in einem linearen Kontinuum bis hin zur gemeinhin hierarchischen Trennung von wirklichem Spielort und fiktivem Handlungsort reichen die zumeist unbefragten Voraussetzungen der alltäg¬lichen Rede über Theater. Doch schon der Umstand, dass mit dem Wort „Theater“ gleichermaßen ein Schauplatz (theatron), eine Institution, eine mehr oder weniger künstlerische Praxis und schließlich eine konkrete Veranstaltung gemeint sein können, verweist darauf, dass eine kritische Betrachtung der Dimensionen von Theater lohnt – nicht nur zur Klärung und Präzisierung von Begriffen, sondern auch zur Reflexion der spezifischen, von gängigen Sprachmustern eher verdeckten Potenziale in den Prozessen und Praktiken, die wir als Theater bezeichnen. Dabei geht es aber nicht nur um Dimensio-nalität im Sinne einer messbaren Ausdehnung und Verortung, sondern auch um dasjenige, was sich den Maßen und der Messung entzieht, diese überschreitet. Gerade die bei einem erweiterten Begriff von Theater mit zu denkenden Spielarten von Tanz, Musiktheater, Performance und Figuren- bzw. Objekttheater sowie die kaum zu übersehende Vielzahl theatraler Phänomene im alltäglichen Leben und nicht zuletzt die zunehmende Verlagerung theatraler Praktiken und Veranstaltungen in technische Medien und digitale Umgebungen erfordern, die entsprechenden Raum- und Zeitstrukturen in ihrer kulturellen und historischen Bedingtheit zu reflektieren und immer wieder zu überprüfen. Das Seminar richtet sich an alle, die Interesse an den praktischen Aspekten der Theorie und den theoretischen Aspekten der Praxis haben und bereit sind, den Raum- und Zeitstrukturen (und ihrer wechselseitigen Durchdringung) von Theater nachzuspüren. Dies soll anhand einiger exemplarischer Lektüren von Aristoteles über Hölderlin und Kierkegaard bis hin zu Walter Benjamin, Jean-Luc Nancy, Daniel Charles und Jacques Rancière geschehen, sowie im Kontext einiger aktueller, nach Möglichkeit gemeinsam zu erfahrender Produktionen unterschiedlicher Sparten und Genres (u.a. mit einer Exkursion nach Berlin am 11./12. Juni). Die Raumzeiten des Theaters sind stets auch die Spielräume des Publikums, die es sich auch im Denken (wieder) anzueignen gilt.
