03-TWL-0204.SE03b Lass Dich/Mich verführen. Mit Brechts „Hauspostille“ durch Leipzig

Veranstaltungsdetails

Lehrende: Salya Föhr; Prof. Dr. Günther Heeg; Sophia-Charlotte Reiser; Henrike Schmidt; Dana Soubh; Helena Wölfl

Veranstaltungsart: Blockseminar

Orga-Einheit: 03-Theaterwissenschaft

Anzeige im Stundenplan: 03-TWL-0204.SE03

Fach:

Anrechenbar für:

Semesterwochenstunden: 2

Unterrichtssprache: Deutsch

Offizielle Kursbeschreibung:
Das Seminar verbindet eine intensive Befassung mit Brechts Gedichten aus der Hauspostille, einer der bedeutendsten Gedichtsammlungen des 20. Jahrhunderts, mit der Recherche zu historisch aufgeladenen Orten der Stadt Leipzig und der Vorbereitung und Durchführung eines Reenactment Walks, der auditive Erinnerungspuren an die Geschichte Leipzigs und Brecht mit der Performance der Hauspostillen-Gedichte kombiniert.
Der Reenactment Walk LASS DICH/MICH VERFÜHREN findet im Rahmen des 16. Sympo-siums der Internationalen Brecht Gesellschaft (IBS) am 19. und 21. Juni 2019 in Leipzig statt. Er bringt herausragende Orte der Stadt Leipzig wie z.B. den Augustusplatz und die Oper Leipzig, die Thomaskirche, das Synagogendenkmal, die Runde Ecke und den Richard Wagner Platz in eine Konstellation mit Brecht. Alle diese Orte haben über ihre aktuelle Gestalt und Erscheinung hinaus-gehend eine historische Tiefendimension. Der Augustusplatz, benannt nach dem sächsischen Poten-taten August der Starke, hieß zu DDR-Zeiten Karl Marx Platz, an der Stelle der Oper stand das Neue Theater, das 1930 den von den Nationalsozialisten provozierten Skandal um die Uraufführung von Brechts Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny erlebte. Die 140 bronzenen Stühle des Synagogendenkmals im Kneipenviertel um das Schauspielhaus zeichnen die Umrisse der 1885 gebauten, 1938 zerstörten Synagoge Gottschedstraße nach. Die Runde Ecke, heute Museum, war der Sitz der Staatssicherheit in Leipzig, am Richard Wagnerplatz stand das Alte Theater, in dem 1923 die umkämpfte Uraufführung von Brechts Baal stattfand. Der Reenactment Walk historisiert die Gegenwart dieser Orte durch die Kontrastierung mit Splittern der Erinnerung an ihre Vorgeschichte und deren Nachleben. Und verfremdet sie durch die Aufführung von Gedichten aus der Hauspostille, z.B. chorisch, musikalisch, choreographisch, als szenische Lesung etc.

Aus Brechts „Anleitung“ zur Hauspostille
„Diese Hauspostille ist für den Gebrauch der Leser bestimmt. Sie soll nicht sinnlos hineingefressen werden. Die erste Lektion (Bittgänge) wendet sich direkt an das Gefühl des Lesers. Es empfiehlt sich, nicht zuviel davon auf einmal zu lesen. (...) Die zweite Lektion (Exerzitien = geistige Übungen) wendet sich mehr an den Verstand. Es ist vorteilhaft, ihre Lektüre langsam und wiederholt, niemals ohne Einfalt, vorzunehmen. (...) Die dritte Lektion (Chroniken) durchblättere man in den Zeiten der rohen Naturgewalten. (Regengüsse, Schneefälle, Bankrotte etc.) (...) Die vierte Lektion (Psalmen und Mahagonnygesänge) ist das Richtige für die Stunden des Reichtums, das Bewußtsein des Fleisches und die Anmaßung.“

Die 50 Gedichte der Hauspostille, entstanden zwischen 1916 und 1925, zählen zu den bekannte¬sten Gedichten von Brecht. Unter ihnen sind u.a. die Gedichte Erinnerung an die Marie A., Gegen Verführung, Großer Dankchoral, Apfelböck oder die Lilie auf dem Feld, Von der Kindsmörderin Marie Farrar, Ballade von den Seeräubern, Von der Freundlichkeit der Welt, Historie vom verliebten Schwein Malchus. Sie sollen im Seminar nach der von Hans-Thies Lehmann und Helmut Lethen erprobten Methode eines Kollektiven Lesens erkundet und auf ihr szenisches Potential hin befragt werden.

Organisatorisches:
Seminar und szenisches Projekt (Reenactment Walk) für das 16. Symposium der International Brecht Society (IBS) Brecht unter Fremden 19.-23. Juni 2019.
Montag 15.00 – 19.00 Hörsaal, Institut für Theaterwissenschaft
Beginn: 01.04.19

Literatur:
Einführende Lektüre:
Bertolt Brechts Hauspostille (suhrkamp tb), Frankfurt am Main 1999.
Hans-Thies-Lehmann/Helmut Lethen (Hg): Bertolt Brechts Hauspostille. Text und kollektives Lesen, Stuttgart 1978.
Jürgen Hillesheim: Bertolt Brechts Hauspostille. Einführung und Analysen sämtlicher Gedichte, Würzburg 2013.
Günther Heeg (Hg.): Recycling Brecht. Materialwert, Nachleben, Überleben, Berlin 2018.

Termine
Datum Von Bis Raum Lehrende
Es liegen keine Termine vor.
Enthalten in Modulen
Modul
03-TWL-0204 Theorie-Praxis-Transfer (SoSe 2019)
03-TWL-3001 Relationen von Künsten und Wissenschaften (SoSe 2019)
Übersicht der Kurstermine
Lehrende
Salya Föhr
Helena Wölfl
Prof. Dr. Günther Heeg
Dana Soubh
Henrike Schmidt
Sophia-Charlotte Reiser